Tomorrow Everything Will Be Alright

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Ein Abend. Durch den intensiven Gedankenaustausch zweier Menschen entfaltet sich eine bildhafte Liebesgeschichte, die von Verlust und Verlangen erzählt. – Der Film ist eine Hommage an Eric Rohmer und die Aufmerksamkeit, die er den Kleinigkeiten unseres Alltagslebens entgegenbrachte.
Interview mit Akram Zaatari
„Was bedeutet Kino für Dich, Akram?“ war der erste Gedanke, den ich hatte, als ich TOMORROW EVERYTHING WILL BE ALRIGHT zum ersten Mal sah. In zwei, drei Zeilen, oder mehr oder weniger, wie du willst - beschreib uns deine Ideen, Ansätze. Welche Signifikanz hat die Enthüllung für dich im Kino und in deinem Film? 
Filme selbst zu machen ist sicherlich etwas anderes, als sie anzuschauen oder mit ihnen um uns herum zu leben. Als Filmemacher kommuniziert man sein Universum durch eine Sprache, die man von Film zu Film entwickelt, so wie ein Architekt ein Gebäude nach dem anderen baut. Mit jedem neuen Werk fühlt man, dass man weiter gegangen ist und so bekommt man etwas zu sehen, dessen man sich vorher nicht bewusst war. Man kommuniziert seine Lieblingsthemen, plant seine beliebtesten Situationen und manchmal benützt man dieselben Schauspieler, die wieder und wieder in Filmen auftauchen; das bestimme ich als dein Universum... Als Publikum erlebt man Filme allerdings anders. Sie erzeugen dein Universum und werden zu einer Verlängerung deines Lebens, sie beeinflussen deine Gewohnheiten und mit der Zeit markieren sie dein Leben. Wie? Vor allem indem sie deine „Gefühle“ beeinflussen. Ich glaube daran, dass ein Großteil unseres Verhaltens, unseres Begehrens von Filmen und Literatur konditioniert werden. Wir leben alleine, selbst wenn wir Familie und Freunde haben, und Filme helfen uns unsere Einsamkeit zu überkommen. Ich bin in sehr schwierigen Zeiten im Süd Libanon aufgewachsen und bin später in meinen Teenager Jahren nach Beirut umgezogen. Filme und Literatur waren für mich der einzige Weg, mir ein Leben anderswo vorzustellen, mir Liebe andernorts vorzustellen, und um meine eigene Verschiedenheit zu akzeptieren. Ich erinnere mich an viele Gelegenheiten aus den 1980ern in Beirut, als ich alleine Filme in einem riesigen alten Theater angeschaut habe. TOMORROW EVERYTHING WILL BE ALRIGHT wurde als Antwort auf eine Ausschreibung von ICO und Lux in London produziert, die Filmkünstler aufforderte Kurzfilme zu machen, die vor kommerziellen Filmen in Kinos in ganz Großbritannien gezeigt werden würden. Zuvor wurde noch nie einer meiner Filme in kommerziellen Kinos gezeigt. Es war eine Gelegenheit eine Arbeit übers Kino für das Kino zu machen. Was anderes als eine Liebesgeschichte! Es ist etwas romantisches an der Verbindung von Liebesgeschichten und der Leinwand und, egal wie stereotypisch das sein kann, Liebesgeschichten bleiben so dominant in der Filmgeschichte.
Du kreist einen physischen Körper über die Abstinez- du rekonstriuierst die Geschichte über das geschriebene Wort. Wann wußtest du, daß in all deinem bewegten Bild die einzige Bewegung das Absetzen der Zeile mit der Schreibmaschine sein würde?
In TOMORROW EVERYTHING WILL BE ALRIGHT geht es um ein Gespräch zwischen zwei früheren Geliebten: zwei Männer, die sich vor zehn Jahren getrennt haben und die sich gegenseitig ihr Verlangen nach einem Wiedersehen gestehen. Ich muss bekennen, dass ich den Film zwei Mal gefilmt habe, ein Mal mit Super 8 schwarz-weiß Material, aber ich mochte den Look nicht. Also habe ich ihn nochmal mit einer RED gefilmt. In der ersten Super8-Version habe ich eine Szene bei Sonnenaufgang mit zwei jungen Männern gedreht, dem einen blutete dabei die Hand. Es sollte eigentlich die finale Szene werden. Obwohl ich sie liebe und die Weise wie sie auf Film rausgekommen ist, habe ich mich dafür entschieden sie nicht zu wiederholen, als ich mit der RED filmte. Langsam formte sich der Film zu einem Ganzen auch ohne die Körperlichkeit/die Energie von Schauspielern, und die zwei Charaktere des Gesprächs wurden zu etwas wie Geistern, die die Gesichter von jedermann annehmen könnten, an die sich das Publikum erinnert.
In klassischen Liebesgeschichten ist es unvermeidlich, dass sich das Publikum an Schauspieler bindet... Es ist schön, wenn du, nachdem du einen Film siehst, zurück nach Hause gehst mit einem Gesicht vor Augen, einem Körper und einem unbefriedigten Verlangen mit dieser Person zusammen sein zu wollen. Es ist dieses Verlangen, das ich versuchen wollte zu reproduzieren ohne menschliche Personen zu verwenden. Die Schreibmaschine, die ich benutzt habe, ist auch in vielen meiner fotografischen Arbeiten zu sehen. Es ist die Schreibmaschine, die mir mein Vater gab, als ich 16 Jahre alt wurde. Sie heute zu benutzen, heißt ein Gerät zu verwenden, dass zu den frühen achtziger Jahren gehört, mit einer Logik die dem Internet Zeitalter angehört. Das produziert etwas besonders reales, wie die geistergafte Präsenz der abwesenden Schauspieler. Die Spuren ihres Gesprächs wird registriert wie ein Logbuch/Protokollblatt, das hochscrollt, sobald mehr gesagt wird. Es ist die Logik des Online Chats, aber es ist auch die Art und Weise, wie man ein Drehbuch schreibt, also kann die Verwandlung einer Situation in ein Protokoll/eine Dialogliste gesehen werden, als würde das Kino von seinen Schauspielern entfernt werden, von mise en scene, aber es bedeutet auch, das Kino zu seinen Ursprüngen, dem Skript schreiben, zurückzubringen.
Du lebst und arbeitest in Beirut. Wie sehr beeinflußt die politische Situation und die Umstände deine Arbeit?
Die vielen Kriege im Libanon zu durchleben, hatte wahrscheinlich einen Einfluss auf mich, besonders in politischer Hinsicht. Ich begriff Kunst als ein Territorium, durch das ich Werke produziere. Ich bin ein totaler Pazifist und ich romantisiere Revolutionen nicht. Ich würde gerne daran glauben, dass die Linke immer noch unser Leben verbessern kann, aber es scheint nicht möglich zu sein. Libanon hinterließ bei mir einen großen Unglauben daran, dass Menschen ihr eigenes Schicksal bestimmen können. Ich würde mich gerne von der Macht fernhalten.
(Maike Mia Höhne)

Details

  • Länge

    7 min
  • Land

    Libanon, Großbritannien
  • Vorführungsjahr

    2011
  • Herstellungsjahr

    2010
  • Regie

    Akram Zaatari
  • Mitwirkende

  • Produktionsfirma

    Akram Zaatari
  • Berlinale Sektion

    Shorts
  • Berlinale Kategorie

    Kurzfilm

Biografie Akram Zaatari

Geboren 1966 in Saida, Libanon.
Studierte Architektur an der Amerikanischen Universität von Beirut, ging nach dem Abschluss 1989 an die New School for Social Research in New York, wo er 1995 ein Medienstudium abschloss. Er arbeitete 1995-97 bei Future Television in Beirut und realisierte zahlreiche Videos. Seit Gründung der Arab Image Foundation ist er freier Filmemacher in Beirut.

Filmografie Akram Zaatari

2015 Thamaniat wa ushrun laylan wa bayt min al-sheir